Mittwoch, 18. Februar 2009

Vertrieben in die Nachbarschaft - Die Geschichte von Symphony Way



Von den rund 3 Millionen Einwohnern Kapstadts leben lediglich 900.000 im Stadtgebiet. Die übrigen 2,1 Millionen leben – mitunter menschenunwürdigen Bedingungen in den umliegenden Townships, in denen Armut, Kriminalität und AIDS/HIV ebenso allgegenwärtig sind, wie Touristen an der schicken Waterfront.

Der Fehler, die Townships auf ihre sozialen Probleme zu begrenzen und zu verallgemeinern, liegt nahe. Schnell hat man die Scheuklappen aufgesetzt und übersieht vielleicht die positiven Aspekte einiger dieser Siedlungen, wie die Stimmung des sozialen Aufbruchs, die lebendige, individuelle Kultur und ein völlig anderes Erlebnis von Gemeinschaft. Ein Plädoyer zur Erhaltung des Status quo soll dies genauso wenig sein, wie eine großspurige Moralattacke von einem der vorgibt, mittendrin zu sein. Nach gerade einmal drei Wochen hier wäre das doch äußerst vermessen.

"Township" ist keine Kategorie, sondern etwas Individuelles. Deshalb folgt nun ein kleiner Bericht von meinem ersten Erlebnis, das mich in dem Sinne eigentlich gar nichtin ein klassisches Township führte. Vielmehr handelt es sich um eine informelle Siedlung im Randbezirk „Delft“ in der Nähe des Flughafens.

Die Siedlung hat eine bewegte Geschichte: Im Dezember 2007 besetzten viele der Familien die ihnen von einem Stadtrat versprochenen noch nicht fertig gestellten Häuser in direkter Nachbarschaft zu der Siedlung. Die Provinzregierung hatte die Häuser wiederum für andere Menschen vorgesehen und auch der Stadtrat wollte von seinem Versprechen auf einmal nichts mehr wissen. Nachdem das lokale Gericht eine Vertreibung der Hausbesetzer zunächst abgelehnt hatte, stimmten es nach einem zweiten Anlauf zu. Die Polizei ging bei der Räumung äußerst brutal vor und setzte auch Luftgewehre ein, durch die viele Frauen und Kinder verletzt wurden. Ein dreijähriges Kind wurde dabei dreimal angeschossen. Video zum Thema

Die Provinzregierung versuchte die Vertriebenen in vorübergehenden Siedlungen unterzubringen und versprach ihnen alsbald neue Häuser. Viele hatten jedoch längst das Vertrauen in die Politik verloren und lehnten dies ab.

So auch die Gemeinschaft, die ich besucht habe. Sie besteht aus etwa 100 Familien, die unmittelbar neben den Häusern, aus denen sie vertrieben wurden, ihre eigene Siedlung aufgebaut haben. Sie werden unterstützt von der Anti-Eviction-Campaign und haben sich im vergangenen Jahr eine beeindruckende politische und soziale Selbstverwaltung aufgebaut. So hat die Gemeinschaft gewählte Vertreter, die mit der Regierung verhandeln und beispielsweise erreichen konnten, dass Dixie-Toiletten in der Siedlung aufgestellt wurden. Es gibt einen Kinderausschuss und eine Nachtwache usw. Ihr Eifer und Einsatz für eine bessere Zukunft hat ihnen eine große mediale Aufmerksamkeit beschert.

All dies täuscht allerdings kaum darüber hinweg unter welch schäbigen Bedingungen die Menschen dort leben. Ihre Hütten sind teilweise aus Ästen und alten Brettern zusammengennagelt und mit einer Segelplane oder auch verklebten Müllsäcken bedeckt. Eine Familie hat dort in der Regel nicht mehr als 8 Quadratmeter Wohnfläche.

Besonders beeindruckend war für mich die Begnung mit den beiden Brüdern Ismael (rechts) und Tasherik. Sie sind 12 und 13 Jahre, sehen aus wie 10, besitzen aber eine Lebensklugheit, die manch 20- Jährigen gut zu Gesicht stände. Tasheriks große Leidenschaft sind Sprachen. Er spricht bereits Englisch und Afrikaans und will noch Arabisch, Italienisch und Deutsch lernen. Die ersten Vokabeln habe ich ihm schon beigebracht, er lernt wirklich verdammt schnell. Ismael war derweil voll im Fotofieber, nachdem ich ihm meine Kamera gegeben hatte. Die Bilder, die er gemacht hat, geben einen tollen Einblick in das Leben on Symphony Way. Ich habe einige davon im Studivz hochgeladen und hier .


3 Kommentare:

  1. Wie bist du da hingekommen bzw. darauf aufmerksam geworden?

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  2. Ich habe hier jemanden kennengelernt, der dort als Volounteer arbeitet, der hat mich mitgenommen.

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