Donnerstag, 13. August 2009

3 Wochen, 10.000 Kilometer - und doch nicht am Ziel

TEIL 1

Fuehrerschein vergessen. Gerade auf dem Rueckweg vom Tambo Airport in Johannesburg wird es mir schon gewahr als die nette Polizistin mit dem Goldzahn mich zur Seite winkt. Mein Gott, in jedem Reisefuehrer steht, dass man in Johannesburg keine Wertsachen sichtbar im Fahrzeug liegen sollen und da schon Kapstadt die Scheibe eines Bekannten wegen einer O-Saft-Packung eingeschlagen wurde, blieben saemtliche Sachen ob Wert- oder nicht im Hostel. So auch der Fuehrerschein.

Nun gut, die Geschichten ueber die afrikanische Polizei sind ja nach den Erfahrungen aus dem Osterurlaub bekannt und auch in diesem Fall war die Geschichte mit einer Tafel Schokolade und einer Packung Bonbons geregelt.

Das war gestern. Und geschah die letzten zwei Monate? Die Uni war seit Mitte Juli vorbei und schon lange zuvor stand fuer Valli und mich fest: Wir wollen zum Lake Malawi! Und wenn man schon mal auf dem Weg ist, kann man doch auch noch Namibia, Botswana, Zimbabwe und Sambia mitnehmen.

Von den Strassen erwarteten wir allerdings nur das schlechteste, deswegen wollten wir dann doch lieber ein robustes Fahrzeug mit Allradantrieb. Zuverlaessig, mit gutem Wiederverkaufswert und nicht zu teuer. Zwei Wochen intensiver Suche brachten uns zu einer Familie aus einem Kapstaeder Vorort, die wir so weit runterhandelten, dass sie den Wagen lieber selbst behielten bis zu einem Gangster mit 5 Golzaehnen und einer ueberdimensionalen Dollarkette, der uns seinen voellig runtergerotzten Pick Up mit negativem Drehmoment im Kilometerzaehler und Oeldusche am Auspuff andrehen wollte.

Trotz allem sollte unsere Idee vom romantischen Afrikatrip im Gelaendewagen nicht sterben. Bis Robert kam. Er betreibt eine Website fuer Studenten und Praktikanten, kennt sich im suedlichen Afrika aus und machte mit seinen Einwaenden zu Spritkosten und moeglichen Wiederverkaufsproblemen all unsere Plaene zu nichte. Und kam mit einem absurd anmutenden Gegenvorschlag: Wir sollten mit meinem 21 Jahre alten VW Fox die Tour machen.

Nun gut, mein Bulli in Deutschland ist exakt genau so alt, aber der ist mir nicht 10 Minuten nach dem ich ihn gekauft hatte auf dem Highway stehen geblieben wie der gute Foxy. Und ausserdem is es ziemlich ausgeschlossen, dass die selbst ernannten gelben Engel nach Zimbabwe fliegen. Sei`s drum, auf dem Highway stehen geblieben, war ich wegen einer 25 Euro Reparatur und abgesehen davon hatte mich Foxy eigentlich treu in Cape Town umhergeritten.

Bei Robert liehen wir uns dann noch das noetige Camping Equipment, legten Foxy mit allerhand noetigem und unnoetigem Kram an der Heckachse einige Zentimeter tiefer und ab die Post zum 6.000km entfernten Lake Malawi. Route? Naja, so ungefaehr Namibia, Botswana, Zambia und zurueck ueber Zimbabwe. Erster Stopp: Mal sehen.

Am zweiten Tag ueberquerten wir die Grenze zu Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Suedwest-Afrika. Die Kolonialzeit merkt man dem Land gewiss an, angesichts von Staedtenamen wie Luederitz oder Mariental, Sehenswuerdigkeiten wie der Christuskriche oder dem Hermannsdenkmal in der Hauptstadt Windhoek und der Tatsache, dass man selbst von schwarzen Obdachlosen in vernuenftigem Deutsch angebettelt wird. Und irgendwie funktioniert auch alles ein bisschen besser als in den Nachbarlaendern, weshalb Nambia auch gerne als "Afrika fuer Anfaenger" gelabelt wird. Mehr zum Thema. Gott sei Dank setzen die Nambianer nicht das typische deutsche Muffgesichtdie auf und auch die pedantische deutsche Gruendlichkeit hat den Weg um das Horn von Afrika anscheinend nicht ueberstanden.

Zu unserem Glueck. Da uns bei der Einreise nach Namibia niemand gestoppt hatte, haben wir gedacht, man duerfe die Grenze einfach so passieren. Als wir bei der ersten Polizeikontrolle nach 1300 Kilometer keine Road Permit hatten, war dies widerlegt. Dank zwei zugedrueckter brauner Augen ging es jedoch trotzdem weiter und erst einige Tage spaeter an der Grenze zu Botswana deklarierte man uns als "illegale Einwanderer". Laut Gesetz haette das den Gang ins Gefaengnis und vor Gericht bedeutet, dank der erneut weit zugedrueckten Augen des Zollbeamten durften wir jedoch passieren und die 15 Euro Strassengebuehr hatten wir uns auch gespart.

Die ersten 1800 Kilometer hatte der Fox nun also murrenlos und bei einem sensationellen Spritverbrauch von 5,8 Liter auf 100km absolviert. Gut, Namibia war Level 1, da es nur geradeaus durch die Wueste ging, in Botswana wurde es anspruchsvoller. Botswana hat zwar nur 1,6 Millionen Einwohner, Tendenz aufgrund der eklatanten HIV/AIDS-Raten sinkend, aber gefuehlte 160 Millionen Esel und Kuehe, die am liebsten neben und auf der Strasse grasen.

Darum galt bei Anbruch der Dunkelheit: Fahrt abbrechen, Zelte aufschlagen. Aufrgund der aktiven Tierwelt in Botswana empfahl sich jedoch meistens, dies nicht mitten in der Wildness zu tun. Einen Elefantenfuss auf dem Zelt haetten die Stuetzstangen wohl nicht abfedern koennen.

So, Leute, ich muss ins Bett, morgen frueh um 5 landen drei Freunde, die vom Flughafen abgeholt werden muessen, bevor es in den Krueger Nationalpark geht. Deshalb verbleibe ich mit einem freundlichen

Fortsetzung folgt.....

Donnerstag, 4. Juni 2009

Die Akropolis von Cape Town oder das Harvard von Afrika.....


Es ist schon irgendwie ironisch: Da verlasse ich das bezüglich seiner Infrastruktur und Wirtschaftskraft unter den weltweiten Top 20rangierende Deutschland, das vor beeindruckenden historischen Gebäuden strotzt und in dem Ingenieure und Architekten beheimatet sind, die Bauprojekte von Weltruf leiten. Aber der tägliche Weg zur Uni lässt eher vermuten, dass ich gerade einem Entwicklungsland den Rücken gekehrt habe, um an einer der besten Universitäten der Welt zu studieren:

In Mainz quetsche ich mich jeden Morgen in einen vollgepackten Linienbus, der mich zu dem renovierungsbedürftigen Betonklotz namens Sonderbau II (SB-2) bringt, wo Vorsichtgilt, dass man man im Seminarraum nicht über einen hochstehenden Teppichfetzen stolpert. Und wenn der Wind dort gegen die dünnen Aluminiumwände scheppert, kommt dieses Gefühl, dass dieser fünfstöckige Irrgarten im nächsten Moment zu Boden geht. Auch der Bestand der Institutsbibliothek hat mehr Löcher als alle Golfplätze Kapstadts zusammen und dank der starren Holzbänke in den großen Vorlesungssälen bekommt manch ein Langzeitstudent schon in jungen Jahren Hämorriden.

In Kapstadt dagegen schließe ich jeden Morgen die Tür zu meinem Hochsicherheitstrakt auf, lenke meinen 1988 VW Fox Richtung Campus, laufe bewacht von den stets patroulierenden gelb bewesteten Sicherheitsleuten an Efeu bewachsenen Häusern vorbei zu meinem Stammkiosk, wo der Verkäufer mich schon kennt und jeden Morgen zu Orangensaft und dem frisch aufgewärmten Schokocroissant greift, sobald ich mich nähere – „Cheers and have a nice day“ . Auf dem Weg zum Vorlesungssaal blicke ich nach rechts und sehe die einer griechischen Akropolis ähnelnde Jameson Hall, die am Fuße der 1000m hohen Devil's Peak über der Stadt thront, die ich zu meiner linken sehe. Statt auf die besagte Holzbank lasse ich mich später in einen bequemen Polstersessel fallen und beobachtete wie der Dozent mit seiner Chipkarte den Schrank zu den Beamerutensilien öffnet. Auch neu: Die Ausfallquote des Beamers liegt statt bei 33 bei 0 %.

Die UCT beansprucht für sich das Label „Uni mit Weltniveau“ und kann in der Tat einige Prestigeprojekte, u.a. wurde in der angegliederten Uni-Klinik die erste Herztransplantation der Welt vollzogen. Auch in der HIV/AIDS-Forschung nimmt die UCT eine wichtige Rolle ein.

Und besonders attraktiv für Studenten: das Freizeitangebot. Es gibt einen Pool und ein Fitnessstudio und Clubs für jeden Geschmack: Die Abenteuerlustigen können jedes Wochenende mit dem „Mountain-Ski-Club“ Hüttenwanderungen machen und im Winter werden sogar Skitouren angeboten. Die Waffennarren können dem Paintballclub beitreten, die politisch Interessierten diskutierten im UNO-Club und die Gourmets treten dem internationalen Kochclub bei oder machen am Wochenende mit dem „Wine Tasting Club“ Ausflüge zu den umliegenden Weingütern. Meine vier Clubs: Yacht (Windsurfen und Segeln), Underwater (Tauchen) und Tennis........


..............mit typisch afrikanischem „Hinterhof“


.....und ein Club namens Ubuntje mit hehren Zielen, aber (in meinem Fall) einer grauenhaften Organisation: Die Idee ist gar nicht schlecht: Studenten können Ubuntje beitreten und fahren einmal in der Woche in die umliegenden Townships und unterrichten dort Schulkinder. Es gibt verschiedenen Programme: Entweder man stellt sich als Mentor für einenen Jugendlichen zur Verfügung, hilft ihm bei seinen Hausaufgaben und dient als Ansprechpartner in allen Lebenslagen. Oder man hilft dabei, einen Debatierclub zu organisieren. Oder – in meinem Fall – man unterrichtet Jugendliche in den Grundlagen des Journalismus. Leider hat das ganze nie stattgefunden, weil Ubuntje uns die ersten beiden Wochen keinen Transport organisieren konnte. In der dritten Woche habe ich mich dann bereit erklärt, selber in das Township zu fahren und wurde daraufhin direkt mal zum Teamleiter über vier weitere Ubuntje-Grünschnäbel bestimmt. Ich bekam eine Wegbeschreibung, die ungefähr so aussah: Fahre zur Polizeistation in X und frage da nach. Leider haben wir die Polizeistation nie gefunden, mussten die Schüler erneut enttäuschen, sodass die Idee leider gestorben war.

Doch nicht nur bei Ubunje lauerte hinter der wunderbaren Fassade der „Akropolis von Cape Town“ ein Moloch von organisatorischem Chaos und bürokratischer Idiotie. Es hat uns am Anfang ganze drei Tage und gefühlte hundert „Passierscheine“ gekostet, uns an der Universität zu registrieren. An einem weiteren Tag mussten wir internationalen Studenten (wohlbemerkt 90 % US-Amerikaner) ohne Vorwarnung an einem dreistündigen Englischtest teilnehmen, um zu überprüfen, ob unsere Sprachkenntnisse ausreichend sind für ein Studium an der UCT sind. Die Ergebnisse haben wir nie bekommen. Als wir uns am letzten Tag der Registrierung dann endlich für unsere Kurse anmelden sollten, haben wir dann nochmal eine Liste mit spontanen Änderungen im Vorlesungsverzeichnis bekommen und schwupps durfte ich wieder meinen kompletten Stundenplan umwerfen.

Auch gut die Geschichte zu einem Test in „Advanced Labor Economics“: Der Dozent hatte den Verdacht, dass einige Studenten bereits vor der Klausur die Fragen hatten, weil etwa 5x die Note 100% erreicht wurde, die eigentlich als unerreichbar gilt ist. (Dass dies passieren konnte, hätte er sich denken können, angesichts der Tatsache, dass er den Test des letzten Jahrs wieder aufwärmte) Seine Konsequenz: Er wollte das Testergebnis annullieren. Nach dem berechtigten Protest und nach Rücksprache mit dem Dekan machte er die Entscheidung rückgängig um dann zwei Tage später in seiner lässigen Art und mit seinem breiten afrikanischem Grinsen anzukündigen, dass er zu Schulden der Chancengleichheit auf freiwilliger Basis einen Re-Test anbietet.

Seit letzter Woche ist nun das Semester vorbei und zwei der drei Klausuren habe ich bereits hinter mir (der Termin der einen Klausur wurde noch kurzfristig nach vorne verschoben - auf den gleichen Tag der anderen Klausur....) und weiß, dass ich die lockeren Dozenten, den wunderschönen Campus und das relaxte Flair an der UCT vermissen werde, wenn ich wieder gegen die lückenhafte SB-II-Bibliothek kämpfen muss.



Jammie Plaza

Blick auf die Stadt

Haus auf dem Upper Campus

Middle Campus

Tauchausflug mit dem Underwater-Club

Vom Ufer

Vom Boot

Dress Up Dive

Underwater Bunny

Kursiv

Montag, 4. Mai 2009

Geschichten aus Ostafrika

Knapp vorbei:

„Ein Fels in Mitten des Ozeans - wenn man dort draufsteht, muss man sich doch fühlen wie Jesus als er über das Wasser lief“, dachte sich der Idiot in der grünen Badehose.


„Du sollst nicht Gott spielen“, war die Antwort des Indischen Ozeans, der eine kraftvolle große Welle schickte...

.... und den Idioten vom Felsen spülte.

Im Himmel angekommen, wurde er von einem schwarzen Engel umsorgt...

...und bemalt, um die bösen Geister zu vertreiben.

Der Idiot ließ die Entteufelung der Wunden tapfer über sich ergehen. Denn hätte er geschrien, wäre er mit dem Dildo bestraft worden ...

Mehr Bilder gibt es im StudiVZ

Wie kam ich nach Mosambik? Wir hatten Anfang April eine Woche frei. Vier Amis und ein Deutscher sind daraufhin nach Johannesburg geflogen und haben sich dort ein Auto gemietet, um Mosambik zu erkunden und dort das richtige Afrika-Gefühl zu bekommen. Es war eine lustige und verrückte Tour. Einige kleine Geschichten:

  • Nachdem kleinen Unfall im Meer, war der dämliche Tourist am Strand umringt von afrikanischen Kindern und Jugendlichen, die seine Wunden bestaunten. Unter ihnen war auch Nieles, der mir schließlich anbat, mich ins Krankenhaus zu bringen. Das Problem war, dass ich nur selbst fahren konnte, weil meine amerikanischen Freunde ja keine Gangschaltung bedienen können. Nieles kümmerte sich rührend, dass ich im Chaos des örtlichen Krankenhauses direkt (für 1,10 Euro) behandelt wurde. Als Dank gab ich ihm später 100 südafrikanische Rand (ca. 8 Euro) und lud ihm zum Essen sein. Er lud uns wiederum als Dank am nächsten Tag zu sich nach Hause und auf seine Kokosnussfarm ein.

  • Unweit unseres Zieles, einem kleinen Küstenort, habe ich aus Versehen ein aufgescheuchtes Huhn überfahren. Als ich am nächsten Tag Frühstück bestellen wollte, gab es keine Eier.

  • Mosamik ist bekannt für seine Walhaie. Das sind bis zu 20m große Meeressäuger, die sich von Plankton ernähren. Wir sind auf eine Ozean-Safari gegangen und diesen gigantischen Kreaturen beim Schnorcheln begegnet. Sehr eindrucksvoll. Völlig neu war mir auch, wie einige Menschen bei Quallenbissen vollkommen ihre Hemmungen verlieren. Eine uns bis dato unbekannte, junge Frau wurde von einer Qualle gebissen und hatte gehört, dass Urin gegen den Schmerz hilft. Kurzerhand fragte sie meinen Freund Isaac auf dem voll besetzten Schlauchboot, ob er sie bitte anpinkeln könne.Wohl bemerkt: Sie fragte Isaac, obwohl ihr Freund direkt daneben saß. Leider war Isaac so überrascht, dass er nein gesagt hat. Sein späterer Kommentar: "Damn, I should have done it, that girl was bomb."

  • Abends in einer Bar habe ich einen Einheimischen kennen gelernt. In vielen solcher Gespräche kommt man ja dann irgendwann zu dem Punkt, an dem man dem anderen ein par Fetzen aus seiner Muttersprache beibringt. „Guten Tag“, „Wie geht's“, „Ich liebe Dich“ sind die Klassiker. Das erste was dieser Vogel mir in seiner Sprache beibrachte, war allerdings „I am going to eat you“. Willkommene Abwechslung.

  • In Mosambik wurden wir ständig von der Polizei angehalten. Einmal wollten sie uns umgerechnet 40 Euro abknöpfen, weil wir angeblich eine durchgezogene Linie überquert haben. Immer wieder haben wir behauptet, dass wir keine Landeswährung haben, bis sie schließlich mit südafrikanischen Rand einverstanden waren. Von denen hatten wir aber selbstverständlich nur 60 in der Tasche, umgerechnet 5 Euro. Irgendwann haben sie das Geld genommen, gelacht und haben uns weiter gewunken. Wir hätten tun sollen, was wir bei den meisten Polizeikontrollen danach meistens getan haben: Einfach weiterfahren.

  • Etwas ernster sah es allerdings auf dem Rückweg aus. Ich hatte gerade an einer gegenüberliegenden Tankstelle angehalten und versuchte mich gerade wieder vorsichtig auf die gegenüberliegende Spur zu wagen. Angesichts eines vollgepackten LKW in meinem Blickfeld war das äußerst anspruchsvoll. Langsam versuchte ich mich vorzuwagen, bis genau in diesem Moment ein Polizeimotorrad auf mich zurast, ausweicht und der Officer auf die Straße brezelt. Worst Case. Schlechten Gewissens und bereits etwas panisch ob der befürchteten Strafe half ich dem grimmigen Opfer sein Motorrad aufzurichten. Behaglich zeigte er mir, was nun an seinem Motorrad alles kaputt war, ich sah bereits die Dollarzeichen in seinen Augen blitzen. Danach deutete er immer wieder auf sein Knie, ich reagierte unverständlich, weil ich keine Lust hatte, auch noch für den Staubfleck auf seiner Hose zu bezahlen. Als er die Hose schließlich hochkrempelte, wurde jedoch ein eigentliche Grund seines Fingerzeigs deutlich – eine klaffende Wunde an seinem Knie. Am Ende kamen wir jedoch glimpflich davon – ca. 35 Euro Strafe, 7 Euro pro Nase.

  • Und die nächste Begegnung mit der Polizei sollte nicht auf sich warten lassen: In Südafrika angekommen, war ich die ganze Fahrerei satt und wollte nur noch angekommen. Ergo: 170 km/h dort wo 120 erlaubt sind. Am Straßenrand standen dann wieder die Freunde von der Staatskontrolle und winkten undefinierbar. Wir interpretierten das mal als „Alles klar. Weiterfahren.“ 5 Minuten später wurden wir dann allerdings vom Staat über den Highway gejagt und herausgewunken. „Why didn't you stop“, schrie mir die aufgebrachte südafrikanische Polizistin entgegen. Eine Reihe reumütig übermittelter Entschuldigungen („In Mozambik was the police always confusing us“, „We're international students from Cape Town“, „We have to catch a bus in Johannesburg“, „We are afraid to drive into Jo'burg at night“...) beruhigte sie fürs erste. Als ich dann in ihrem Auto saß, hieß es schließlich die Strafe sei normalerweise 1000 Rand (ca 80 Euro), allerdings seien R500 auch ok. Ich müsse sie allerdings 25 km in die entgegengesetzte Richtung bezahlen. Und dann sagte sie mehrmals hintereinander „Speak to me“. Oder auf deutsch: "Bestech mich, dann kannste hier zahlen." Mein Angebot: R600, wenn ich mir diesen Umweg ersparen könnte. Mitleidig schaute die Polizistin zu, wie ich die Scheine herunterblätterte und zu ihr hinübereichte. „Do you have enough money for the bus now“, fragte sich mich. Eine Frage, die man in so einer Situation natürlich verneint, auch wenn die Tickets längst bezahlt sind. Sie erließ mir daraufhin weitere 200 Rand mit dem Hinweis, dass ich sehr sehr glücklich sein könne bei all meinen Vergehen. Fazit: Wiederum 7 Euro pro Nase, ärgerlich, aber zu verkraften.

Samstag, 4. April 2009

Gefangen im Teufelskreis des Rassismus

An einem Wochenende war mal wieder eine Poolparty. Ist hier nichts besonders, da einige internationale Studenten fuer Schleuderpreise in aufgeblasenen Villen untergeracht sind. Gegen Mitternacht kam dann, was kommen musste: Der erste sprang vom Hausdach in den Pool (nein, nicht ich!), etliche andere folgten (nein, auch da war ich nicht dabei) und die letzte, die Sprang war ein American Girl, oben ohne, weil sie ihr Kleidchen nicht nass machen wollte (nein, auch das war ich nicht, da war ich schon weg). Ein Mitbewohner von mir versteckte dann ihr Kleid hinter einem Blumentopf, sodass sie kurzerhand einen Stadtplan von Kapstadt als ihr neues Obenrum installiert. Alles nur eine Randnotiz.

Jedenfalls kam Erzaehlungen zufolge irgendwann der Besitzer des Hauses, beendete die Party und mit einem Mal entstand auf der engen Zufahrtsstrasse zu dem Haus eine Autoschlange, an der sich Fussgaengermassen vorbeiquetschen mussten. Und dann geschah, was ich nur aus Augenzeugenberichten rekonstruieren kann. Ein Schwarzer (Wise), aus der Gruppe, mit der ich an dem Abend auch unterwegs war, wurde von einem der in der Schlange stehenden Autofahrer bezichtigt, im Vorbeigehen an sein Auto gehauen zu haben. Passiert ist nichts und Wise sagte mir spaeter, er habe auch gar nichts gemacht. Der (weisse) Autofahrer bruellte dem sich auszer Rufweite befindendenen Wise irgendetwas Rassistisches nach. Lolli (auch schwarz, auch eine aus der Gruppe) hoerte das, wurde wuetend und wollte den Autofahrer zur Rede stellen. Dieser hatte jedoch sein Fenster hochgekurbelt und die Tuer verriegelt.

In dem Moment stieg die Freundin des Autofahrers aus und versuchte die aufgebrachte Lolli wegzuschicken. Nach einem kurzen Disput konnte Lolli nicht mehr an sich halten und schlug vor den Augen des voellig ueberforderten und konsterniert am Lenkrad sitzenden Autofahrers seiner Freundin dreimal "auffe Fresse".

Das westliche Kap gilt eigentlich als die Region Afrikas, in der knapp 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid die Vermengung der vielfaeltigen Ethnien am besten funktioniert. Oder vorsichtiger formuliert: in der ein friedvolles Zusammenleben am ehesten moeglich ist. Der Fall Lolli und der Autofahrer zeigt nämlich, dass nach wie vor Ressentiments bestehen und dass vor allem die schwarze Bevoelkerung nach Jahrzehnten des politisch forcierten Rassismus extrem empfindlich auf (offene) Anfeindungen reagiert. Auch im politischen Diskurs wird bei allzu harscher Kritik an der vor allem von Schwarzen gewählten Regierungspartei ANC - die eine Zweidrittelmehrheit innehat - die Moralkeule herausgeholt und der Vorwurf des Rassismus gegenüber schwarzen Regierungsvertretern erhoben.

Auch Bussie und Michelle (siehe Bilder) sehen sich auch nach dem Ende der Apartheid ständig im Bann des Rassismus. Ich habe sie in meiner zweiten Woche hier in Kapstadt in einer Bar getroffen. Wir haben uns gut verstanden und als ich irgendwann kein Geld mehr hatte haben sie mir 100 Rand in die Hand gedrückt und mich ein wenig im Kapstädter Nachtleben umhergefahren. Einige Wochen später habe ich sie dort wieder getroffen und sie haben sich zu mir und einigen Freunden an den Tisch gesetzt. Darunter war auch eine weiße Südafrikanerin, von deren Blicken Bussie und Michelle ablasen, dass sie nicht willkommen sind. Bussie's Reaktion: "Hey, du hast ein Problem mit uns, oder?" Claire (völlig verdutzt):"Nein, nein, wir kommt ihr darauf?" Bussie: "Ich seh dir das doch an." Claire sagte daraufhin nichts mehr und verließ wenig später sichtbar verärgert den Tisch.

Allerdings ist das Thema Xenopobie in Südafrika nicht nur schwarz-weiß. Zehn Prozent der Bevölkerung sind so genannte"Coloureds" meist mit indischen Wurzeln, die über die Jahrhunderte ihre eigene Kultur und ihren eigenen Slang herausgebildet haben. Kürzlich habe ich mit einem Studenten aus Mosambik gesprochen, der dieser Ethnie angehört. In seinen Augen sind Kapstadts Frauen in seinem Alter rassistisch, weil viele sich nicht vorstellen können, mit einem Nicht-Weißen auszugehen. Auf der anderen Seite würde sein Vater sich in einem Restaurant niemals von einem schwarzen Kellner bedienen lassen, sondern nach einem weißen oder farbigen fragen. Es ist nur ein Einzelfall, doch es wird viel pauschalisiert. Ein Weißer aus Namibia sagte kürzlich für sein Land: "Im Prinzip hassen die Schwarzen die Weißen, die Coloureds und die Weißen hassen alle."

Völlig verloren ist hier übrigens der pedantische Verfechter der Political Correctness. In Deutschland gibt es ja schon Auswüchse, nach denen die Bezeichnung "Schwarze" (Blacks) auf den rassistischen Index gesetzt wird. "Farbig" (Coloured) wird als weniger anstößig empfunden. Wer hier allerdings einen Schwarzen als Farbigen bezeichnet, bekommt eher eine Faust zu Gesicht als eine große Ladung Dankbarkeit für so viel Sensibiltät, weil die kulturellen Identitäten der Farbigen und der Schwarzen zu verschieden sind. In den USA liegt man mit der Bezeichung "Farbiger" übrigens auch daneben, wenn man beispielsweise einen Mexikaner als farbig bezeichnet.

Siya und Wise (zwei Schwarz) haben hier neulich hochemotional über das Wort Nigger diskutiert. Siya empfindet es als die größte Beleidigung, wenn ein Weißer ihn Nigger nennen würde. Für Wise ist dagegen kein Problem, wenn seine weißen Kumpels ihn zum Spaß so nennen. Und so kommt es, dass ich Wise ganz gerne mal mit "Wat up Nigga" begrüße. Nur Siya darf dann nicht in der Nähe sein.


White, Black, Coloured (von oben)

"Hey, du magst uns nicht" - Bussie und Michelle

Oft in emotionalen Diskussionen: Wise (sitzend) und Siya (in rot)

Mittwoch, 18. März 2009

Inferno auf dem Tafelberg



Eigentlich haengt schon eine andere Geschichte in der Pipeline und erwartet seit 2 Wochen die Vollendung. Aus gegeben Anlass gibt es einige Eindruecke der gestrigen Nacht, in der sich der Tafelberg - dieser bis 1000 Meter hohe Koloss inmitten der Stadt, dessen Flaeche zwei Drittel von Mainz bedecken koennte - in ein eindrucksvolles und furchterregendes Flammenmeer verwandelte. Der Wind sorgte dafuer, dass sich das Feuer immer weiter verbreitete, hunderte Menschen wurden evakuiert.

Wir fuhren gegen 3 Uhr gerade aus der Innenstadt zurueck nach Hause, als wir von dem Feuer ueberwaeltigt wurden. Wir naeherten uns dem Tafelberg bis wir am Rande eines Wohngebietes vom herannahenden Feuer aufgehalten wurden. Die Feuerwehr hatte das Feuer dort allerdings im Griff und laut der Aussage eines Feuerwehrmannes sind derartige Feuer in Cape Town fast schon Routine. Auch fuer einen Anwohner, der gerade aus seinem Haus evakuiert wurde und mit seiner Sprenkelanlage sein Haus gegen die Flammen verteidigte, machte einen aeuszerst gelassenen Eindruck.

Das Fazit des Brandes: Ein in weiten Teilen abgebrannter Nationalpark und ein toter Obdachloser, keine brennenden Besitztuemer. Heute Morgen folgte dann der Kater nach dem Feuerwerk. Grosse Teile von Kapstadt erstickten im Rauchnebel und waehrend ich meinen persoenlichen Brand vom St. Patricks Day mit Wasser bekaempfte taten die Loeschhubschrauber Gleiches mit der Restglut im Table Mountain Nationalpark.



Rauchschwaden in Cape Town



Loeschhubschrauber bekaempfen die Ueberreste der lodernden Glut

Die Nacht der Flammen - Die Lokalpresse berichtet

Samstag, 28. Februar 2009

Ein Hoch auf den niedrigen Rand

Seit Mitte 2006 ist die südafrikanische Landeswährung (Rand) gegenüber dem Dollar und dem Euro auf Tauchkurs. Aufgrund der starken Kopplung mit der Entwicklung der Rohstoffpreise ist der südafrikanische Rand abhängig von der Entwicklung der Weltwirtschaft. Seitdem diese zu schwächeln begann, ging es auch mit dem Rand bergab. Musste man für 1 US-Dollar vor drei Jahren noch 6 Rand bezahlen, so sind es heute mehr als R10. Für einen Euro sind knapp 13 Rand fällig. Im November, als die Verkaufsstimmung an den weltweiten Aktienmärkten tobte, waren es zeitweise gar fast 16 Euro.

Die Abwertung ist für das "Big Five" (Büffel, Elefant und Nashorn, Leopard, Löwe) bedruckte südafrikanische Geld kein historisches Neuland. Bis in die 1980er Jahre war der Rand noch auf Augenhöhe mit dem US-Dollar, danach ließen Wirtschaftskrisen, aber vor allem die angespannte politische Lage und die unsichere Zukunft des Landes den Rand immer weiter abtauchen. Zwar erholte sich die Währung immer wieder, konnte das Ausgangsniveau jedoch nicht wieder erreichen. So kräftig wie zuletzt musste der Rand allerdings selten bluten.

Obwohl das Preisniveau im Rekordtempo ansteigt - die Inflation erreichte im März 2008 mit 10 % ein Fünfjahreshoch - lässt es sich hier doch ziemlich günstig leben.

Ein willkürlicher Warenkorb (1 Euro = 12,8 Rand. Stand: 27.2.2009):
  • Meine Monatsmiete für ein möbliertes Zimmer in einem Haus mit Garten : 210 Euro
  • Monatsmiete von Freunden von mir in einem Haus mit Garten, Lounge und 25x10m Pool: 243 Euro (verdammt)
  • Ein Bier in der Kneipe: 90 Cent-1,20 Euro (freitags "Buy one get two"...)
  • 1 Liter Benzin: 60 Cent
  • 1 Liter Milch: 7o Cent
  • 1 km Taxifahrt: 70-90 Cent
  • 1 30-minütige Zugfahrt an den Strand: 40 Cent
  • Sushi-All you can Eat: 6,20 Euro
  • 1 Hot Dog: 80 Cent
  • Eine Qualitäts-Tageszeitung: 45 Cent
  • 500g Rindfleisch: 3,20 Euro
  • Vollkasko-Versicherung (mit Selbstbeteiligung) für ein Auto: 25 Euro (im Monat)
  • 1 Haarschnitt: 7 Euro (sollte ich mal wieder tun...)
  • 1 Packung Spagetthi: 1,40 Euro (!)
  • 1 50MB-Youtube-Video anschauen: 60 Cent (!)

Sonntag, 22. Februar 2009

"I am leaving nownow !"

Es ist ein gaengiges Kulturklischee, dass die Menschen in Afrika ein gar voellig anderes Verstaendnis von Zeit haben. Um es mit Helmut Schmidt zu sagen: Es mag ein Klischee sein auszerdem ist es die Wahrheit. Wer in Europa einfach auf der Strasze herumsteht, ohne auf etwas zu warten, wirkt auf seine Mitmenschen latent bedrohlich. Von einem Passanten wird erwartet, dass er moeglichst auf schnellstem Weg sein Ziel ansteuert. In Kapstadt sieht man dagegen oefters Leute, die grundlos herumlungern, und den Leuten, die vorbei gehen intensive Blicke zuwerfen, bevor sie ab und zu ihren Standort wechseln. Ein gaengiges Sprichwort sagt: "Europeans have money, Africans have time."

Das afrikanische Zeitverstaendnis beschraenkt sich jedoch nicht nur auf beschaeftigungslose Straszenstreicher. Auch auf dem Campus oder in der Innenstadt bewegen sich die Leute stets im Tempo deutscher Sonntags-Spaziergaenger. Motto: Lieber zu spaet kommen, als abhetzen.

Das schlaegt sich im Uebrigen auch in der Sprache nieder. Wenn ein Suedafrikaner sagt "I am coming now" sollte man nicht Gewehr bei Fusz stehen. Das heisst so viel, wie "Jaja, ich komme dann irgendwann." Wenn er ausdruecken will, dass er in einer Weile kommt, heisst es "I am coming just now." Und wenn er sagen will, dass er wirklich in wenigen Minuten vor der Tuer stehen wird, dann sagt er "I am coming nownow".

Neulich wollte ich zu einer Professorin in die Sprechstunde, angesetzt war sie fuer 12 Uhr, um 12.01 Uhr war ich da und sah nur noch ein rechteckiges Quadrat mit einer Klinke vor mir. Nach hinten hinaus ist man dann doch ziemlich "nownow".