Donnerstag, 4. Juni 2009

Die Akropolis von Cape Town oder das Harvard von Afrika.....


Es ist schon irgendwie ironisch: Da verlasse ich das bezüglich seiner Infrastruktur und Wirtschaftskraft unter den weltweiten Top 20rangierende Deutschland, das vor beeindruckenden historischen Gebäuden strotzt und in dem Ingenieure und Architekten beheimatet sind, die Bauprojekte von Weltruf leiten. Aber der tägliche Weg zur Uni lässt eher vermuten, dass ich gerade einem Entwicklungsland den Rücken gekehrt habe, um an einer der besten Universitäten der Welt zu studieren:

In Mainz quetsche ich mich jeden Morgen in einen vollgepackten Linienbus, der mich zu dem renovierungsbedürftigen Betonklotz namens Sonderbau II (SB-2) bringt, wo Vorsichtgilt, dass man man im Seminarraum nicht über einen hochstehenden Teppichfetzen stolpert. Und wenn der Wind dort gegen die dünnen Aluminiumwände scheppert, kommt dieses Gefühl, dass dieser fünfstöckige Irrgarten im nächsten Moment zu Boden geht. Auch der Bestand der Institutsbibliothek hat mehr Löcher als alle Golfplätze Kapstadts zusammen und dank der starren Holzbänke in den großen Vorlesungssälen bekommt manch ein Langzeitstudent schon in jungen Jahren Hämorriden.

In Kapstadt dagegen schließe ich jeden Morgen die Tür zu meinem Hochsicherheitstrakt auf, lenke meinen 1988 VW Fox Richtung Campus, laufe bewacht von den stets patroulierenden gelb bewesteten Sicherheitsleuten an Efeu bewachsenen Häusern vorbei zu meinem Stammkiosk, wo der Verkäufer mich schon kennt und jeden Morgen zu Orangensaft und dem frisch aufgewärmten Schokocroissant greift, sobald ich mich nähere – „Cheers and have a nice day“ . Auf dem Weg zum Vorlesungssaal blicke ich nach rechts und sehe die einer griechischen Akropolis ähnelnde Jameson Hall, die am Fuße der 1000m hohen Devil's Peak über der Stadt thront, die ich zu meiner linken sehe. Statt auf die besagte Holzbank lasse ich mich später in einen bequemen Polstersessel fallen und beobachtete wie der Dozent mit seiner Chipkarte den Schrank zu den Beamerutensilien öffnet. Auch neu: Die Ausfallquote des Beamers liegt statt bei 33 bei 0 %.

Die UCT beansprucht für sich das Label „Uni mit Weltniveau“ und kann in der Tat einige Prestigeprojekte, u.a. wurde in der angegliederten Uni-Klinik die erste Herztransplantation der Welt vollzogen. Auch in der HIV/AIDS-Forschung nimmt die UCT eine wichtige Rolle ein.

Und besonders attraktiv für Studenten: das Freizeitangebot. Es gibt einen Pool und ein Fitnessstudio und Clubs für jeden Geschmack: Die Abenteuerlustigen können jedes Wochenende mit dem „Mountain-Ski-Club“ Hüttenwanderungen machen und im Winter werden sogar Skitouren angeboten. Die Waffennarren können dem Paintballclub beitreten, die politisch Interessierten diskutierten im UNO-Club und die Gourmets treten dem internationalen Kochclub bei oder machen am Wochenende mit dem „Wine Tasting Club“ Ausflüge zu den umliegenden Weingütern. Meine vier Clubs: Yacht (Windsurfen und Segeln), Underwater (Tauchen) und Tennis........


..............mit typisch afrikanischem „Hinterhof“


.....und ein Club namens Ubuntje mit hehren Zielen, aber (in meinem Fall) einer grauenhaften Organisation: Die Idee ist gar nicht schlecht: Studenten können Ubuntje beitreten und fahren einmal in der Woche in die umliegenden Townships und unterrichten dort Schulkinder. Es gibt verschiedenen Programme: Entweder man stellt sich als Mentor für einenen Jugendlichen zur Verfügung, hilft ihm bei seinen Hausaufgaben und dient als Ansprechpartner in allen Lebenslagen. Oder man hilft dabei, einen Debatierclub zu organisieren. Oder – in meinem Fall – man unterrichtet Jugendliche in den Grundlagen des Journalismus. Leider hat das ganze nie stattgefunden, weil Ubuntje uns die ersten beiden Wochen keinen Transport organisieren konnte. In der dritten Woche habe ich mich dann bereit erklärt, selber in das Township zu fahren und wurde daraufhin direkt mal zum Teamleiter über vier weitere Ubuntje-Grünschnäbel bestimmt. Ich bekam eine Wegbeschreibung, die ungefähr so aussah: Fahre zur Polizeistation in X und frage da nach. Leider haben wir die Polizeistation nie gefunden, mussten die Schüler erneut enttäuschen, sodass die Idee leider gestorben war.

Doch nicht nur bei Ubunje lauerte hinter der wunderbaren Fassade der „Akropolis von Cape Town“ ein Moloch von organisatorischem Chaos und bürokratischer Idiotie. Es hat uns am Anfang ganze drei Tage und gefühlte hundert „Passierscheine“ gekostet, uns an der Universität zu registrieren. An einem weiteren Tag mussten wir internationalen Studenten (wohlbemerkt 90 % US-Amerikaner) ohne Vorwarnung an einem dreistündigen Englischtest teilnehmen, um zu überprüfen, ob unsere Sprachkenntnisse ausreichend sind für ein Studium an der UCT sind. Die Ergebnisse haben wir nie bekommen. Als wir uns am letzten Tag der Registrierung dann endlich für unsere Kurse anmelden sollten, haben wir dann nochmal eine Liste mit spontanen Änderungen im Vorlesungsverzeichnis bekommen und schwupps durfte ich wieder meinen kompletten Stundenplan umwerfen.

Auch gut die Geschichte zu einem Test in „Advanced Labor Economics“: Der Dozent hatte den Verdacht, dass einige Studenten bereits vor der Klausur die Fragen hatten, weil etwa 5x die Note 100% erreicht wurde, die eigentlich als unerreichbar gilt ist. (Dass dies passieren konnte, hätte er sich denken können, angesichts der Tatsache, dass er den Test des letzten Jahrs wieder aufwärmte) Seine Konsequenz: Er wollte das Testergebnis annullieren. Nach dem berechtigten Protest und nach Rücksprache mit dem Dekan machte er die Entscheidung rückgängig um dann zwei Tage später in seiner lässigen Art und mit seinem breiten afrikanischem Grinsen anzukündigen, dass er zu Schulden der Chancengleichheit auf freiwilliger Basis einen Re-Test anbietet.

Seit letzter Woche ist nun das Semester vorbei und zwei der drei Klausuren habe ich bereits hinter mir (der Termin der einen Klausur wurde noch kurzfristig nach vorne verschoben - auf den gleichen Tag der anderen Klausur....) und weiß, dass ich die lockeren Dozenten, den wunderschönen Campus und das relaxte Flair an der UCT vermissen werde, wenn ich wieder gegen die lückenhafte SB-II-Bibliothek kämpfen muss.



Jammie Plaza

Blick auf die Stadt

Haus auf dem Upper Campus

Middle Campus

Tauchausflug mit dem Underwater-Club

Vom Ufer

Vom Boot

Dress Up Dive

Underwater Bunny

Kursiv

3 Kommentare:

  1. Bolze, wann kommst du denn wieder?
    Wo sind denn eigentlich die großen Güter der weißen reichen Farmer? In unmittelbarer Nähe?
    Wer kann es sich von den Einheimischen eigentlich leisten zu studieren?

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  2. MAINZER XIMEDIA AG EXPANDIERT WEITER
    Neue Investitionen in Namibia und Simbabwe: Wie hoch ist das Risiko für die Aktionäre?

    Der börsennotierte Mainzer Media-Konzern Ximedia AG weitet sein Afrika-Geschäft aus. Wie das Unternehmen bestätigte, will Ximedia nach Südafrika und Mosambik nun auch neue Märkte in Namibia und Simbabwe erschließen. Geplant sei eine größere Tour, auf der weiteres Media-Material wie Fotos aber auch neue Storys entstehen sollen. "Wir versprechen uns hier eine attraktive Rendite - ohne dabei die Kosten aus den Augen zu verlieren", so Vorstands-Chef Xime.

    Eine Frage jedoch bleibt: Wie hoch ist das Risiko für die Kapitalgeber? Schließlich lässt sich - gerade in Zeiten der Finanzkrise - keine höhere Rendite erzielen ohne das Risiko auszuweiten. Vorstands-Chef Xime spielt das Problem herunter: "Wie sie wissen, ist unser Haus schon seit der Gründung darauf aus, Wachstum zu generieren. Und ein Unternehmer, der nicht wachsen will, ist in meinen Augen kein Unternehmer."

    Bereits vor einigen Wochen hatte Ximedia damit begonnen, auf dem Südafrikanischen Automobil-Markt aktiv zu werden. An der Börse wurdes dieses Engagement damals positiv aufgenommen - der Aktienkurs stieg.

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  3. Hört sich gut an, aber:

    "[...] bekommt manch ein Langzeitstudent schon in jungen Jahren Hämorriden."

    Was stimmt an dem Satz nicht?

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